Holger Stickel, Juni 2018

Am 11. Juni, ein Montagabend, bereiteten wir alles für unsere kurze medizinische Versorgungsfahrt in den Dschungel vor. Was musste mit?
Eine große Kiste mit diversen Medikamenten, unter anderem Tabletten zur oralen Anwendung und Ampullen für eine intramuskuläre Injektion, die Akten für fünf Dörfer, eine Waage, ein
Blutdruckmessgerät, verschiedenste Instrumente, Spritzen und Nadeln, Rezeptvorlagen und natürlich die Zelte. Verpflegung für sechs Mann für drei Tage musste auch eingekauft werden.
Am nächsten Morgen ging es auch schon zeitig los. Die Abfahrt war für 8:30 Uhr geplant. Wir beauftragten einen Träger, der das ganze Gepäck zum Flussufer brachte. Es war für mich kurios, dass ein alter Mann die ganzen Utensilien mit einem großen Bollerwagen tranportierte. Deiser besaß nur zwei Räder und sah aus wie eine verbreiterte Wippe. In Deutschland nicht vorstellbar!

Letztlich fuhren wir gegen 11 Uhr los - flussaufwärts in Richtung Dschungel. Drei Stunden dauerte unsere Fahrt bis zum Registrierungspunkt des Nationalparkes. Melvin, der Boots-Chouffeur der Klinik, maneufrierte uns sanft durch den Fluss bis zu unserem Zielpunkt. Währenddessen machte der eine oder andere eine Siesta oder bestaunte die neue Umgebung.
Nach einundeinhalb Stunden Fahrt hielten wir am Flussufer um zum ersten Dorf zu laufen. Vorher aßen wir Mittag - Reis mit Schnitzel und Salat - um uns für fünfzehn Minuten Fußmarsch und den Behandlungsnachmittag zu stärken. Gefühlt waren es dreißig Minuten bis zum Schulhaus. Dort richteten wir unsere kleine Praxis mit Hilfe von Schulbänken ein - eine Anmeldung, eine Impfstelle, eine kleine Apotheke sowie ein Konsultorio für den Doktor und den Zahnarzt. Dann wurden die Dorfbewohner zusammengerufen. Anfangs waren die Einwohner etwas schüchtern und wagten sich nur zögernd zur Sprechstunde vor. Waren jedoch einmal die Berührungsängste überwunden, kamen alle. Eine Gemeinschaft bestand ungefähr aus fünf bis zehn Familien mit einer Größe von vier bis zehn Mitgliedern. Im Ausnahmefall zählten 16 Menschen zu einer Familie.


Die Bewohner stellten sich mit unterschiedlichen Erkrankungen vor. Am häufigsten diagnostizierten wir eine Erkältung oder Grippe, da zu dieser Zeit Winter war. Begünstigend wirkten starke Temperaturschwankungen aufgrund eines Südwindes aus Chile. Die meisten Bewohner besaßen kaum warme Sachen oder Decken für die kühlen Nächte. Ein anderer Vorstellungsgrund waren Rückenschmerzen, die dort mit Schmerztabletten oder durch eine intramuskuläre Injektion mit Schmerzmitteln behandelt wurden. Zum Behandlungsplan gehörten auch typische Krankheiten wie Darmparasiten und eine kombinierte Rachen- und Mandelentzündung, selten Leishmaniose oder Escarabiose. Für die meisten dieser Erkrankungen wurden Tabletten verordnet und von unserer mobilen Apotheke auf Rezept ausgegeben.

Die Rezepte waren sehr Simple, indem die Tageszeiten über Bilder dargestellt waren und wir nur noch die Anzahl der Tabletten zur bestimmten Tageszeit aufmalten. Für Zahnbeschwerden gab es leider nur eine Methode - der Zahn musste raus. Präventionsprogramme wie Schulungen zum Zähneputzen oder Impfungen wurden ebenfalls durchgeführt.
Letztendlich besuchten wir in den drei Tagen vier Gemeinden und konnten den Menschen vor Ort kostenlose Medizinische Versorgung auf Spendenbasis zukommen lassen.
Ich bin allen sehr dankbar, dass ich während meiner Volentariatszeit mit vielen liebevollen Menschen zusammenarbeiten durfte, Medizin in einem dritten Weltland erleben konnte und die wundervolle Flora und Fauna des Dschungels inspizieren konnte. Papageien, Schmetterlinge in verschiedenen Farben und Größen, Baumriesen, Bananen- und Papayabäume, Holzhütten mit Palmendächern und einen klaren Sternenhimmel entdeckt man nicht alle Tage.
Deshalb möchte ich Ilka und Torsten, Linda, Don Jose, Max und seiner Familie sowie Jacob und Alvina mit Kindern herzlich danken.