Februar 2014 – 1. Medizinische Versorgungstour am Rio Beni nach der Flutkatastrophe
Mit mulmigem Gefühl starteten wir am Mittwochmorgen flussaufwärts Richtung Embocada. Von einigen Dörfern gab es nach der Flut noch kein Lebenszeichen… Gleich drei Ranger des Biosphärenreservates begleiten uns. Neben Antonio, Roberto und Filipe von der „Fundacion Salud del Rio Beni“, Roman vom Hospital Rurrenabaque mit den wichtigen Impfstoffen, wird das medizinische Team durch Nikolai und Anna Menner, Ärzte aus Deutschland, verstärkt. Eine Stunde vor Tourstart stieß Bettina aus Österreich zu uns. Sie ist während der Flut hier gestrandet und ist als ausgebildete Rettungssanitäterin eine willkommene Verstärkung. Im Gepäck haben wir auch einen Teil der durch die Deutsche Botschaft gespendeten Medikamente für das Katastrophengebiet. Als erstes passieren wir das Provisorium der reparierten Wasserleitung von Rurrenabaque. Gesichert mit Stöckchen, Strick und Astgabeln dürfte es bereits den nächsten Regenguss nicht überstehen – tut’s am Ende auch nicht. Schlamm und Treibgut in den Bäumen lassen die Höhe des Wasserstandes erkennen. Alle bewaldeten Hänge sind durch unzählige Erdrutsche gezeichnet. Es ist ein Bild der Verwüstung. Nach drei Stunden erreichen wir den ersten Zielort. Direkt am Ufer „wohnen“ zwei Familien unter Plastikplanen. Sie führen uns dahin, wo mal ihr Dorfkern war, dahin, wo wir noch im September unsere Sprechstunde abhielten und die erste Dorfkirche am Fluss bewunderten. Embocada wurde völlig zerstört, sämtliche Pflanzungen sind im Flusssand versunken, der Boden ist unfruchtbar, die Ernte ist vernichtet. Die kleine Holzkirche auf Stelzen ist das einzige noch intakte Gebäude. Man erkennt deutlich, dass das Wasser bis zur Decke stand. Will heißen, Embocada stand ca. 5 Meter unter Wasser. Den Familien blieb nur, sich mit dem Nötigsten auf einen Hügel etwas entfernt vom Dorf zu retten und zu hoffen, dass der Platz hoch genug liegt…. Die Wasserfilter liegen umgekippt, verschlammt und teilweise zerbrochen im Schlamm. Den Familien bleibt nur, das noch immer stark verschmutzte schlammige Wasser des Beni zum Trinken, Kochen und Waschen. Wir behandeln hauptsächlich innere und äußere Infektionen, Durchfälle, Atemwegserkrankungen.
Nächste Station ist Asuncion am Quiquibey. Vor uns liegt im prallen Sonnenschein das etwa 40 Meter hohe Steilufer – loser Sand. Über dem Sand tummeln sich Millionen von kleinsten fiesen Sandfliegen. Der Schweiß und das davon fließende Insektenschutzmittel beißen in den Augen. Keuchend schleppen wir die gesamte Ausrüstung die steile Böschung hoch. Auch hier wird das Ausmaß der Verwüstung erst im Dorf klar. Ein Drittel des Dorfes existiert einfach nicht mehr. Der Fluss hat die Böschung samt 6 Häusern, Fußballplatz, Wasserleitung verschlungen – einfach weg. Zum Glück kam auch hier niemand ums Leben! Aber auch hier haben die Menschen keine Rücklagen – woher soll das Geld für neue Pflanzen, Saatgut, Geräte, Essen bis zur Ernte kommen? Leider können auch wir keine Antwort geben.
In allen Dörfern bilden sich lange Schlangen. Keines der Dörfer hat sauberes Wasser – Infektionen aller Art sind vorprogrammiert. Notfälle gibt es kaum – eine schwere Verbrennung mit heißem Öl, ein selbst wieder angenähter vereiterter großer Zeh, Verdachtsfälle auf Leishmaniose und ein schwerer Sturz mit Verdacht auf eine Rippen- oder Wirbelsäulenverletzung. Fast alle unsere 34 Wasserfilter hat der Fluss vernichtet – man hat nur das braune trübe Flusswasser. Immerhin könnten einige Filter reaktiviert werden – allein fehlt uns im Moment das Geld für die zusätzlichen Ausgaben. . Am 17.3. werden wir mit ebenso bangen Gefühlen zu langen Medizintour an den Oberlauf des Quiquibey aufbrechen. Auch hier weiß bisher keiner, wie es in den Dörfern aussieht.
Die Tour in Zahlen:
Patienten: 162
Zahnbehandlungen: 66
Wir danken allen, die mit an Bord waren, für die hervorragende Arbeit und Euch allen in Deutschland, dass ihr durch Eure Unterstützung diese Tour ermöglicht habt!!
Vielen Dank
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